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LG Bochum, Urteil vom 10.10.2017, Az. I-12 0 140/17

Das Landgericht Bochum hat in einem von unserer Kanzlei geführten einstweiligen Verfügungsverfahren überraschenderweise gegen unseren Mandanten entschieden. Folgenden Angaben des Kleinunternehmers bei eBay

„Gem. § 19 UStG kein MwSt – Ausweis, da Kleinunternehmer“

in den „rechtlichen Informationen des Verkäufers“ sind nicht ausreichend, um Gewerbetreibende darüber zu informieren, dass ein bei dem Gesamtpreis des Artikelangebots erfolgter Hinweis

„inkl. MwSt.“

nicht bedeutet, dass die Umsatzsteuer auf der Rechnung nicht ausgewiesen wird. Unternehmer würden durch den Hinweis auf die MwSt. beim Preis irregeführt, wenn der Händler als „gewerblicher Händler“ bei eBay angemeldet ist.

Das LG Bochum geht davon aus, dass ein Unternehmer über die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs getäuscht wird, wenn der gewerbliche Preise „inkl. Mwst.“ deklariert und erst weiter unten bei den „rechtlichen Informationen des Verkäufers“ auf die Kleinunternehmerschaft und den Umstand hinweist, dass die Umsatzsteuer nicht ausweisbar ist. Der Kleinunternehmerhinweis ist nach Auffassung des Gerichts zu weit von der Preisangabe entfernt. Daher sei nicht sichergestellt, dass der Hinweis regelmäßig noch wahrgenommen werde.

UPDATE 23.12.2017: Das Urteil des LG Bochum ist mangels Berufungseinlegung rechtskräftig geworden. Es ist allerdings in gleicher Angelegenheit durch Erhebung einer neg. Feststellungsklage unsererseits noch ein Hauptsacheverfahren beim LG Frankfurt anhängig. Wir werden weiter berichten. Die mündliche Verhandlung ist für Mitte Januar 2018 angesetzt.

Update 12.01.2018: Die negative Feststellungsklage vor dem LG Frankfurt zur Hauptsache im Fall der selben Abmahnung, die dem Verfahren vor dem LG Bochum zugrunde lag, wurde durch Versäumnisurteil gewonnen. D.h. das LG Frankfurt hielt die neg. Feststellungsklage für schlüssig und auch für begründet. Das LG Frankfurt ist der Ansicht, das die Abmahnung unbegründet ist und es dem Abmahner nicht um eine Täuschung von Unternehmer ging.

LG Bochum – Hinweis Kleinunternehmer in „rechtliche Informationen des Verkäufers“ bei eBay nicht ausreichend.

Das Urteil ist schon deshalb bemerkenswert, weil der Verfügungsantrag nur dahingehend lautete, im Wege des Fernabsatzes Waren anzubieten ohne klar und verständlich darauf hinzuweisen, ob sich die Preisangaben mit oder ohne Umsatzsteuer verstehen. Der Hinweis auf die MwSt. erfolgte unstrittig! Zudem war der Hinweis auf die Kleinunternehmerschaft sowohl in den rechtlichen Informationen des Verkäufers als auch in den AGB enthalten!

Im Verfahren ging es dem Antragsteller zum einen gar nicht um die Frage, ob der Hinweis darauf, dass die Umsatzsteuer nicht ausgewiesen wird, zu spät erfolgt. Zum anderen hat das Gericht im Prinzip Verbraucherschutzgesichtspunkte für Unternehmer angewendet was zur Folge hat, dass sich zukünftig auch ein Unternehmer mit dem Angebot nicht weiter zu beschäftigen oder die AGB lesen muss.

LG Bochum – Die Entscheidung:

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren …

hat die 12. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10.10.2017 für Recht erkannt:

Die einstweilige Verfügung wird bestätigt.

Der Verfügungsbeklagte trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Beide Parteien vertreiben über das Internet gewerblich Software. Bei eBay bot der Verfügungsbeklagte das Produkt „Microsoft Office Professional Plus 2016 für ein PC“ zum Preis von 14,99 € an. Hinzugesetzt war in Klammern die Angabe inkl. MwSt. An späterer Stelle in dem Angebot unter „Rechtliche Informationen des Verkäufers“ enthielt das Angebot die Aussage:

„Gem. § 19 UStG kein MwSt – Ausweis, da Kleinunternehmer.“

Die Verfügungsklägerin hat eine einstweilige Verfügung des Vorsitzenden der Kammer erwirkt, in der dem Verfügungsbeklagten untersagt worden ist, in dem Internetauktionshaus eBay Lizenz Keys/Produktschlüssel im Fernabsatz im geschäftlichen Verkehr anzubieten, ohne klar und verständlich darauf hinzuweisen, ob sich die Preisangaben mit oder ohne Umsatzsteuer verstehen, wenn dies wie aus der Anlage 5 ersichtlich geschieht. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Verfügungsbeklagten.

Der Verfügungskläger beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bochum vom 21.08.2017 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 19.08.2017 zurückzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte vertritt die Auffassung, auch gegenüber dem gewerblichen Kunden komme eine Irreführung nicht in Betracht, da von diesem erwartet werden könne, dass er sich mit dem vorhandenen Hinweis darauf, dass kein Mehrwertsteuerausweis erfolge, beschäftige. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Verfügungsbeklagten wird auf die Schriftsätze vom 21.09. und 09.10.2017 Bezug genommen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung ist zu Recht ergangen, sie war daher zu bestätigen.

Dem Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG zu. Die konkrete Ausgestaltung des streitgegenständlichen Angebots ist in der Lage, auch einen gewerblichen Abnehmer zu täuschen. Denn dieser wird nach der – grundsätzlich richtig – ins Auge springenden Preisangabe davon ausgehen, dass wirtschaftlich betrachtet nur der Nettobetrag bei ihm verbleibt. Er erlangt also eine unzutreffende Preisvorstellung (vergleiche OLG Frankfurt vom 07.08.2008 – 6 U 219/07; Wekwerth, Anforderungen an preisbezogene Pflichtangaben im Fernabsatz, MMR 2008, 378, 381).

Zu erhöhter Aufmerksamkeit an dieser Stelle besteht keine Veranlassung, zumal auch bei den Angaben zum Verkäufer lediglich steht, dass dieser als gewerblicher Händler angemeldet ist. Der klarstellende Hinweis auf die Kleinunternehmerschaft bei den rechtlichen Informationen des Verkäufers kann das Entstehen der Fehlvorstellung nicht mehr verhindern. Er ist auch derartig weit von der irreführenden Preisangabe entfernt, dass nicht sichergestellt ist, dass er regelmäßig noch wahrgenommen wird. Auch bei einem gewerblichen Käufer kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser, – gerade im Hinblick auf die geringe finanzielle Dimension des Kaufs – sich mit den weiteren Inhalten des Angebots noch in den Einzelheiten befasst.

Die Kammer verkennt allerdings nicht, dass die Preisangabenverordnung grundsätzlich die Angabe verlangt, ob der geforderte Preis die Umsatzsteuer enthält. Dem Schutzweck der Preisangabenverordnung ist aber Genüge getan, wenn die steuerrechtlichen Verhältnisse unmittelbar im Zusammenhang mit der Preisangabe insgesamt klargestellt werden.

Hinsichtlich des beantragten Ausspruches ist der Kammer bewusst, dass auch andere Formulierungsmöglichkeiten in Betracht kommen (vergleiche OLG Frankfurt aaO). Aufgrund der Bezugnahme auf das konkrete Angebot konnte aber der beantragten Antragsfassung entsprochen werden.

Da auch die Dringlichkeitsvermutung des § 12 UWG nicht widerlegt ist, war die ergangene einstweilige Verfügung somit mit der jetzigen Kostenfolge zu bestätigen.


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