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Die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. 1999, L 171, S. 12) unterscheidet bei der Mängelgewährleistung zwischen der Haftungsdauer des Verkäufers und der Verjährungsfrist des Anspruchs des Käufers.

EuGH Urteil v. 13.07.2017 – C‑133/16 – Handlungsbedarf für Online-Händler?

In der Rechtssache C‑133/16 hat der Europäische Gerichtshof am 13.07.2017 die Frage entschieden, ab wann die Verjährung der Ansprüche des Käufers eintritt und eine Regelung, wie sie Deutschland in § 476 Abs. 2 BGB getroffen hat, für unzulässig erklärt. Deutschland muss also eine längere Verjährungsfrist bei Ansprüchen wegen eines vertragswidrigen Zustandes einer gebrauchten Sache einführen!

Worum geht es genau?

Unter der Haftungsdauer des Verkäufers nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie ist derjenige Zeitraum zu verstehen, in dem das Auftreten einer Vertragswidrigkeit des verkauften Gegenstandes die Haftung des Verkäufers begründet und die Ansprüche des Käufers entstehen. Wenn die Haftungsdauer abgelaufen ist, hat der Käufer keinerlei Ansprüche mehr wegen einer möglichen Vertragswidrigkeit des verkauften Gegenstandes. Diese Haftungsdauer des Verkäufers beträgt grundsätzlich zwei Jahre und beginnt mit der Lieferung des verkauften Gegenstandes. Bei gebrauchten Gegenständen können Käufer und Verkäufer eine kürzere Frist, mindestens aber ein Jahr, für die Haftungsdauer vereinbaren – Art. 7 der Richtlinie. Man spricht hier auch von einer Mängelgewährleistungsfrist, Gewährleistungsfrist oder neuerdings auch nur Mängelhaftung.

Beispiel: Ein Händler verkauft am 1. September 2016 einen gebrauchten Elektroartikel und vereinbart mit dem Kunden eine Mängelgewährleistungsfrist von einem Jahr. Für einen vertragswidrigen Zustand, der bis zum 31. August 2017 eintritt, muss der Händler einstehen.

Wenn der vertragswidrige Zustand erst im Oktober 2017 eintritt, muss der Händler dafür dann nicht mehr einstehen. Die Mängelgewährleistungsfrist ist abgelaufen.

In der Rechtssache C‑133/16 hat der Europäische Gerichtshof die Frage entschieden, ab wann die Verjährung der Ansprüche des Käufers eintritt.

Während Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie die Haftungsdauer des Verkäufers festlegt, bestimmt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie die Verjährungsfrist. Diese beträgt mindestens zwei Jahre und beginnt mit der Lieferung des Verkaufsgegenstandes zu laufen.

In der Entscheidung weist der Europäische Gerichtshof darauf hin, dass beide Fristen unterschieden werden müssen:

Die Mängelgewährleistung kann bei gebrauchten Waren durch die vertragschließenden Parteien auf mindestens ein Jahr nach Lieferung des Verkaufsgegenstandes reduziert werden. Dies sieht Art. 7 der Richtlinie vor.

Art. 7 der Richtlinie sieht eine Verkürzung der Verjährungsfrist dagegen nicht vor und räumt den Parteien nicht das Recht ein, diese – auch bei gebrauchten Waren – zu verkürzen. Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie vorgesehene Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Lieferung des Verkaufsgegenstandes kann also durch eine Vereinbarung der Parteien nicht verkürzt werden.

Beispiel: Der Käufer des obigen Elektroartikels könnte also Ansprüche aus einem vertragswidrigen Zustand, der bis zum 31. August 2017 an dem Wagen eingetreten ist, bis zum 31. August 2018 gegen den Händler geltend machen.

Nach dem derzeit geltenden deutschen Recht (§ 476 Absatz 2 BGB) kann die Verjährungsfrist beim Verkauf gebrauchter Gegenstände durch Vereinbarung der Parteien auf ein Jahr verkürzt werden. Da diese Regelung nicht mit dem Europäischen Recht vereinbar ist, muss der deutsche Gesetzgeber handeln und das Gesetz ändern.

Handlungsbedarf aber auch bei Online-Händlern:

Da die deutsche Regelung noch in Kraft ist, scheint auf den ersten Blick kein unmittelbarer Handlungsbedarf für Online-Händler zu bestehen. Auf der sichereren Seite ist aber derjenige, der schon jetzt seine AGB angepasst hat:

Da deutsche Gerichte deutsches Recht im Sinne des Unionsrechts anwenden sollen, besteht zumindest ein theoretisches Risiko, dass Klauseln, die den gegenwärtigen Rechtszustand widerspiegeln, gekippt werden.

Das sollte auf jeden Fall vermieden werden, zumal sich die Rechtsposition der Online-Händler nicht signifikant verschlechtert. Wir beraten Sie gern!


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